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Unsere Ausstellung berichtet über die politische und
gewerkschaftliche Arbeiterbewegung in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts und versucht Einblick zu geben in Ursachen und
Hintergründe des deutschen Faschismus und des Zweiten Weltkrieges.
In 32 Vitrinen und auf 34 Tafeln werden über 500 Exponate gezeigt:
Schrift- und Bilddokumente, zeitgenössische Zeitungen,
Zeitschriften, Plakate, Fahnen, Abzeichen, eine Uniform des Roten
Frontkämpferbundes u. a. Gegenstände.
Geschildert wird die Entwicklung des Hamburger Transportarbeiters
Ernst Thälmann vom jungen Sozialdemokraten und
Gewerkschaftsfunktionär zum Vorsitzenden der KPD und Repräsentanten
der Kommunistischen Internationale, sein Auftreten als
Bürgerschafts- und Reichstagsabgeordneter, als Initiator der
Antifaschistischen Aktion und sein Kampf als Gefangener Hitlers bis
zu seiner Ermordung im KZ Buchenwald.
In der Abteilung über Widerstand und Verfolgung in Hamburg begegnen
den Besucherinnen und Besuchern Schicksale von Männern, Frauen und
Jugendlichen, die gegen Hitler und Krieg ihr Leben einsetzten, und
Zeugnisse ihrer Tätigkeit wie ein Abziehapparat, Flugblätter,
illegale Zeitungen, Tarnschriften zusammen mit Schutzhaftbefehlen
der Gestapo, Todesurteilen der Nazijustiz, letzten Briefen,
Dokumenten aus Neuengamme und aus anderen Konzentrationslagern.
Ernst Thälmann wurde in der wilhelminischen Ära zur Zeit der
Bismarckschen Sozialistengesetze geboren: 1886 kam er in der Hamburger
Altstadt am Alten Wall 86 zur Welt. Seine Eltern Jan und Maria Thälmann
zogen in den Stadtteil Eilbek und übernahmen dort ein Gemüse-, Steinkohlen-
und Fuhr-werksgeschäft, in dem Ernst und seine Schwester Frieda von jung
auf, mithelfen mussten. Die Eltern waren parteipolitisch nicht organisiert;
im Unterschied zum Vater war die Mutter tief religiös. Thälmanns Schulbesuch
begann 1892 in der Volksschule Kantstraße in Eilbek. Seine Lieblingsfächer
waren Geschichte, Geographie, Naturkunde, Mathematik und Turnen. 1899
wechselte er zur Volksschule am Roßberg, um dort die "Selekta"
(Abschlussklasse für begabte Volksschüler) zu besuchen. Nach
Schul-entlassung und Konfirmation hätte er gern einen Beruf erlernt, aber
der Vater bestimmte, dass er weiter im elterlichen Kleinbetrieb mitarbeiten
musste. Wie Thälmann in der um 1935 verfassten Niederschrift "Mein
Lebenslauf bis zum Eintritt in die KPD" (in: Ernst Thälmann, Zwischen
Erinnerung und Erwar-tung, Frankfurt/M. 1977, S. 11 ff.) festgehalten hat,
gehörten zu den stärksten Eindrücken seiner Kindheit der Hamburger
Hafenarbeiterstreik 1896, der Dreyfuß-Prozess in Frankreich, der Burenkrieg
sowie in Hamburg eine Aufführung von Schillers Freiheitsstück "Wilhelm
Tell". Ein Schlüsselerlebnis sei die Teilnahme an einer sozialdemokratischen
Schulentlassungsfeier gewesen, auf die er durch rote Plakate aufmerksam
geworden war. Sie brachte ihn mit gleichgesinnten Jugendlichen zusammen, und
er kaufte damals (für 20 Pfennig) seine erste politische Broschüre "Wie
werde ich Mitstreiter am Sozialismus?".
Thälmann (markiert mit einem x)
unter seinen Klassenkameraden in der Volksschule Kantstraße.
Thälmann unter den Delegierten des 9. Transportarbeiter- Verbandstages 1914 in Köln
In dieser Vitrine (oben, halblinks) ist eine in der
Vorkriegszeit entstandene "Zukunftskarte Europas" zu sehen mit
alldeutschen Eroberungszielen: Einverleibung von Gebieten jenseits der
Reichsgrenzen im Osten, Norden und Westen.
Im Jahre 1906, als im Reichstag ein weiterer Beschluss zur Vergrößerung
der deutschen Kriegsflotte fiel, wurde Thälmann zum Militärdienst nach
Schleswig-Holstein einberufen. Auf Hamburger Versammlungen unterstützte
er 1913 den Antrag der linken Minderheit (Karl Liebknecht, Rosa
Luxemburg, Clara Zetkin und 139 andere Delegierte) des Jenaer
SPD-Parteitages, dass "alle Gesetzesvorlagen, die zur Stärkung des
Militarismus dem Reichstag vorgelegt werden, ... abzulehnen sind". Am 1.
August 1914 erklärte das Deutsche Reich Russland den Krieg. Drei Tage
später bewilligte die SPD-Reichstagsfraktion die Kriegskredite; bei der
zweiten Vorlage stimmte Liebknecht als Einziger dagegen.
Kurz nach seiner Heirat mit Rosa Koch musste Thälmann am 15. Januar 1915
in den Krieg. Er kam als Kanonier an die Westfront, erlebte u. a. die
Schlachten in der Champagne, an der Somme, den Rückzug von Verdun und
wurde dreimal verwundet. Im November 1916 stand er vor dem
Kriegsgericht, weil er einem hungernden französischen Kind zu essen
gegeben und einen kaiserlichen Offizier hatte abblitzen lassen; wegen
Beharrens im Ungehorsam bekam er zwei Wochen strengen Arrest. Bis
Kriegsende erhielt Thälmann Schriften der Linken, u. a. den von
Liebknecht im Auftrage der Gruppe " Internationale" 1915 verfassten
Aufruf "Der Hauptfeind steht im eigenen Land!", ebenso die illegalen
"Spartakusbriefe" der 1916 gebildeten "Spartakusgruppe".
13. Januar 1915: Ernst und Rosa Thälmann an ihrem Hochzeitstag.
Der Aufstand der Matrosen und Heizer der Kriegsmarine in Wilhelmshaven
und Kiel 1918 war Auftakt für die Novemberrevolution in Deutschland, mit
der die Arbeiter und Soldaten den Krieg beendeten und die Monarchie
abschafften. Kaiser Wilhelm II. musste abdanken.
Karl Liebknecht rief in Berlin die "freie sozialistische Republik"
aus; der neu gebildete Rat der Volksbeauftragten unter Friedrich Ebert
(SPD) forderte bürgerliche Freiheiten, den Achtstundentag und
Wahlen zur Nationalversammlung. Vom 30. Dezember 1918 bis zum 1. Januar
1919 fand in Berlin der Gründungsparteitag der KPD mit Karl Liebknecht
und Rosa Luxemburg statt.
Thälmann hatte mit vier Kameraden die Front verlassen und traf am 11.
November, dem Tag des Waffenstillstandes, in Hamburg ein., wo Rosa
Thälmann inzwischen eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Siemssenstraße 4
besorgt hatte. Er schloss sich der Unabhängigen Sozialdemokratischen
Partei Deutschlands (USPD) an und übernahm im Stadtteil
Eppendorf die Funktion des Distriktsführers. Bei einer Massenkundgebung
im Februar 1919 auf dem Heiligengeistfeld würdigten Thälmann und
Funktionäre der KPD die ermordeten Repräsentanten der Arbeiterbewegung
Kurt Eisner (USPD), Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und
riefen zum Kampf gegen den konterrevolutionären Terror auf.
Im März 1919 wurde Thälmann als Abgeordneter in die Hamburgische
Bürgerschaft gewählt, im Mai zum Vorsitzenden der USPD Hamburg. Er war
Notstandsarbeiter im Hamburger Stadtpark, wieder gewerkschaftlich aktiv
und wurde als Mitglied in das Gewerkschaftskartell gewählt. Im Juni 1919
nahm er als Delegierter am Verbandstag der deutschen Transportarbeiter
(DTV) in Stuttgart teil.
Norddeutsche Kandidaten der USPD zur Wahl der Weimarer Nationalversammlung im Januar 1919
Im März 1919 hatte in Moskau der Gründungskongress der
Kommunistischen Internationale (KI) statt-gefunden. Auf dem
Außerordentlichen Parteitag der USPD im Spätherbst in Leipzig
unterstützten Thälmann und 110 andere Delegierte den Antrag für den
sofortigen Anschluss der Partei an die Kommunistische
Internationale, 170 stimmten dagegen.
Beim nächsten Parteikongress der USPD in Halle stimmte die Mehrheit
der Delegierten für den Antrag.
Im März 1920 löste der Kapp-Putsch den Generalstreik zur
Verteidigung der Republik aus, der die Putschisten hinwegfegte. Als
mit dem Überfall Polens auf Sowjetrussland der dritte
Interventionskrieg der Ententemächte (England, Frankreich u. a.)
begann, entstand die internationale Solidaritätsbewegung "Hände
weg von Sowjetrussland!" Im August 1920 verhinderten von
Thälmann geführte Hafenarbeiter gemeinsam mit Matrosen und
Eisenbahnern, dass ein für den konterrevolutionären Kampf gegen
Sowjetrussland bestimmter Waffentransport nach Polen weitergeleitet
wurde. Unter maßgeblichem Einfluss Thälmanns beschloss der
norddeutsche Parteitag der Bezirke der USPD (Linke) von
Wasserkante, Bremen und Schleswig-Holstein sowie der Bezirke Nord
und Nordwest der KPD im November die Vereinigung beider Parteien.
Der gemeinsame Berliner Parteitag der Mehrheit der USPD und der KPD
im Dezember 1920 vollzog den Zusammen-schluss zur "Vereinigten
Kommunistischen Partei Deutschlands" (VKPD) im
Reichsmaßstab.
Die Delegierten wählten Thälmann für den Bezirk Wasserkante in den
Zentralausschuss der VKPD. Im Januar 1921 wurde er Vorsitzender der
VKPD Hamburgs. Die "Hamburger Volkszeitung", bis 1920 von
der USPD herausgegeben, war jetzt Organ der VKPD. Als auf dem
nächsten Parteitag 1921 aus dem Parteinamen das Wort "Vereinigte"
fiel, wurde sie Zeitung der KPD Wasserkante.
Thälmann inmitten von USPD-Mitgliedern aus Hamburg-Eppendorf
1921 versuchte die Reichsregierung Errungenschaften aus der
Novemberrevolution rückgängig zu machen.
Sie verhängte das Verbot von Streiks gegen Massenentlassungen, steigende
Lebenshaltungskosten und Mietwucher, während die Unternehmer die
Abschaffung des Achtstunden-Tages verlangten.
Am 23. März richtete die Polizei in Hamburg zweimal gegen
Erwerbslosendemonstrationen ein Blutbad an:
An der Ellernholzschleuse gab es vier Tote und 13 Verletzte, am
Millerntor starben 22 Menschen und 42 wurden verletzt.
"Arbeiter, auf zum Generalstreik" schrieb das
Zentralorgan der VKPD "Die Rote Fahne" am 26. März 1921. Die
Kommunistische Partei forderte in einem Offenen Brief die
Gewerkschaften, die SPD, USPD, und KAPD zum gemeinsamen Handeln auf. Zum
l. Mai rief die VKPD zur Massenkundgebung auf der Moorweide unter dem
Motto: "So wählt den Kampf, ihr habt nichts zu verlieren als
eure Ketten" auf.
1921 nahm Thälmann erstmals als Delegierter an einem Weltkongress der
Kommunistischen Internationale teil. Auf diesem III. Weltkongress der KI
in Moskau lernte er Wladimir Iljitsch Uljanow kennen. Thälmann begann
mit dem Studium der bereits ins Deutsche übersetzten Schriften Lenins,
z.B.: "Der 'linke Radikalismus', die Kinderkrankheit des Kommunismus"
und "Staat und Revolution".
Ernst Thälmanns Reisepass, ausgestellt am 11.Juni 1921.
Angesichts des allgemeinen Notstandes schritten am frühen Morgen des 23.
Oktober 300 Arbeiter zur Selbsthilfe und beschafften sich Waffen durch
Überraschungsangriffe auf Polizeiwachen. Die Kampf-gruppen der KPD, die
in Barmbek und anderen Stadtteilen von Ernst Thälmann und Hans
Kippenber-ger, im Vorort Schiffbek von Fiete Schulze geführt wurden,
banden die zahlenmäßig überlegenen Polizeiverbände. Rückhalt fanden die
Aufständischen in der Bevölkerung, Frauen brachten Verpflegung und
Munition, Arbeitersamariterinnen halfen Verwundeten. Als bekannt wurde,
dass der von der Chemnitzer Betriebsrätekonferenz erwartete Beschluss
zum Generalstreik nicht zustande kam und der Aufstand im Reich keine
Unterstützung fand, traten die Kampfgruppen am 25. Oktober den
geordneten Rückzug an.
1923 war Ernst Thälmann Vorsitzender der KPD Hamburg und
stellvertretender Vorsitzender des Be-zirks Wasserkante, Hans
Kippenberger militärpolitischer Mitarbeiter der Bezirksleitung, Hugo
Urbahns Vorsitzender der KPD Wasserkante. Wie viele Kampfgefährten
mussten die drei sich seit Ende Oktober vor der Polizei verborgen
halten. Nach seiner Verhaftung 1924 wurde Urbahns und anderen
Kommunisten der Prozess gemacht. Er erhielt zehn Jahre Festung, musste
jedoch 1925 freigelassen werden, da er durch Wahl in den Reichstag die
Abgeordnetenimmunität erlangt hatte.
Das Jahr 1923 war gekennzeichnet durch Inflation und
Massenverelendung. Die Kaufkraft der Mark fiel rapide:
April: 1 Dollar = 30.000 Mark
Juni: 1 Dollar = 110.000 Mark
Sept.: 1 Dollar = 98.860.000 Mark
Okt.: 1 Dollar = 25.260.000.000 Mark
Nov.: 1 Dollar = 2.100.000.000.000 Mark
Ernst Thälmann, Hans Kippenberger und Hugo Urbahns
Von 1924 bis 1933 war Ernst Thälmann Abgeordneter des Deutschen
Reichstags. Seit 1925 Vorsitzen-der der KPD, kandidierte er im gleichen
Jahr erstmals für das Amt des Reichspräsidenten. Im ersten Wahlgang
erhielt er 1,8 Millionen, im zweiten Wahlgang 1,9 Millionen Stimmen.
Gewählt wurde der ehemalige Chef der Obersten Heeresleitung und
kaiserliche Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg mit 14,6 Millionen
Stimmen.
Die KPD nutzte den Wahlkampf auch, um die eigenen Reihen zu stärken.
"Der Leninist", Informationsblatt der KPD, Bezirksleitung
Wasserkante, schrieb im März 1925: "Die Reichspräsidentenwahl stellt
die Partei vor neue schwere Aufgaben. Wir haben in unseren Anweisungen
wiederholt darauf hingewie-sen, dass es sich bei diesem Wahlkampf in
erster Linie um den Ausbau und die Stärkung unserer Organisation
handelt. Nur wenn politische Tätigkeit und organisatorische Festigkeit
der Partei miteinander verbunden wird, werden wir ein Höchstmaß von
Schlagkraft entwickeln können."
Auf einer Sitzung des Zentralausschusses der KPD im Mai 1925 forderte
Thälmann eine genauere Analyse der relativen Stabilisierung des
Kapitalismus in jener Zeit. Die KPD schätzte später ein, dass mit dem
Jahr 1923 die revolutionäre Nachkriegskrise ihr Ende gefunden hatte.
Ernst Thälmann mit Wilhelm Pieck und Ernst Schneller im Trauerzug für den am 22. Oktober 1925 verstorbenen polnischen Internationalisten Julian Marchlewski.
Das Jahr 1926 war geprägt von Massendemonstrationen,
Einheitsfrontaktionen und dem Volksbegehren für die
Fürstenenteignung. Die Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten
ermunterte die 1918 gestürzten Könige und Fürsten hohe
Entschädigungen zu fordern. Die Reichsregierung wollte ihnen 2,5
Mrd. Mark bewilligen. Dagegen verlangte die KPD im Reichstag die
entschädigungslose Enteignung der Fürstenhäuser und mobilisierte
unter dem Motto "Keinen Pfennig den Fürsten, Brot und Arbeit dem
notleidenden Volk."
Über ein Volksbegehren sollte ein Volksentscheid eingeleitet werden.
Auf Grund des Drucks von unten unterstützte auch die SPD das
Volksbegehren. Ernst Thälmann und Otto Wels, die Vorsitzenden von
KPD und SPD, und der Wissenschaftler René Kuczynski als Vorsitzender
des Ausschusses zur Fürstenenteignung unterzeichneten gemeinsam den
Aufruf zum Volksbegehren. 12,5 Millionen Wahlberechtigte
unterstützten den gemeinsamen Gesetzentwurf von SPD und KPD. Nach
dem Erfolg eines Volksbegehrens musste nach der Weimarer Verfassung
ein Volksentscheid durchgeführt werden. Am 20. Juni 1926 stimmten
14,5 Millionen oder 36,4 % für die Enteignung der Fürsten. Doch es
reichte nicht.
1927 führte Thälmann Verhandlungen mit SPD-Vertretern in Hamburg, um
soziale und demokratische Mindestforderungen in der Bürgerschaft
durchzusetzen. Sie blieben ergebnislos.
Flugblatt Rotes Hamburg
Bekanntmachung: Volksbegehren Fürstenenteignung
Die Kommunistische Internationale (KI) war 1919 auf Initiative Lenins
gegründet worden. Die KI sollte dem Weltimperialismus die einheitliche
Front der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung
ent-gegensetzen. Fast alle in der II. Internationale
zusammengeschlossenen sozialdemokratischen Parteien hatten der
Kriegspolitik ihrer nationalen Regierungen im Ersten Weltkrieg
zugestimmt. Nach der Oktoberrevolution in Russland bildeten sich aus der
revolutionären antimilitaristischen Opposition innerhalb der
Sozialdemokratie in vielen Ländern kommunistische Parteien, die in den
folgenden Jahren der Kommunistischen Internationale beitraten. Die KI
war ein Zusammenschluss von kommunistischen Parteien aus allen
Erdteilen, die sich als nationale Sektionen der III. Internationale
verstanden. Zwischen den Weltkongressen war ihr höchste Organ das
Exekutivkomitee (EKKI).
1926 wurde Ernst Thälmann in Moskau zum stellvertretenden Vorsitzenden
des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI) gewählt,
nachdem er schon vorher in den Länderkommissio-nen des EKKI aktiv tätig
war. Die in der Vitrine gezeigten Fotos sind Dokumente über Aufenthalte
des KPD-Vorsitzenden in der Sowjetunion, etwa in Leningrad, Charkow und
Smolensk.
Ernst Thälmann auf einer Kundgebung in Leningrad im Sommer 1929.
Obwohl die SPD 1928 mit der Losung: „Für Kinderspeisung, gegen
Panzerkreuzer!“ die Reichstagswahlen gewonnen hatte, beschloss die
von dem Sozialdemokraten Hermann Müller geführte Koalitionsregierung den
Bau des Panzerkreuzers A. Das löste Massenaktionen gegen die
Wiederaufrüstung Deutschlands aus. Als einzige Partei mobilisierte die
KPD für ein Volksbegehren gegen den Panzerkreuzerbau. Über l Million
Wähler zeichneten sich ein. Die Zahl der Unterschriften reichte jedoch
nicht aus, um einen Volksentscheid zu erreichen; es war zu keiner
Einigung zwischen den Arbeiterorga-nisationen gekommen. Der Bau dieses
Panzerkreuzers, der alleine 500 Millionen Reichsmark kostete, war der
erste einer ganzen Serie von Kriegsschiffen. Unter dem Namen
„Deutschland“ leistete der Panzerkreuzer A später seinen ersten
Kriegseinsatz gegen die spanische Republik.
12. Parteitag der KPD in Berlin Juni 1929:
Anlässlich der Maidemonstration 1929 richtete die Berliner Polizei unter
dem sozialdemokratischen Polizeipräsidenten Karl Zörgiebel ein Blutbad
unter den Demonstrierenden an: 31 Demonstranten wurden erschossen und
hunderte verletzt. Der 12. Parteitag der KPD schätzte ein, dass die
Monopolbourgeoisie immer mehr den Abbau der Demokratie und die Anwendung
faschistisch-diktatorischer Herr-schaftsmethoden anstrebte. Die Empörung
über den Blutmai trug dazu bei, dass der Parteitag in der
Auseinandersetzung mit der reformistischen Politik der Sozialdemokratie
nicht genügend zwischen der Führung und den Mitgliedern der SPD
differenzierte.
Thälmann erhält 1929 eine Ehrenurkunde für 25-jährige
Gewerkschaftszugehörigkeit.
Später wird er - wie tausende Kommunisten -
aus der Gewerkschaft ausgeschlossen.
Im Kampf gegen das Elend wurden Visionen von einer besseren Zukunft
nicht vergessen. 1931 schrieb Thälmann über ein rotes Hamburg:
„Unser Kampf für ein rotes Hamburg ist nicht von dem allgemeinen
Freiheitskampf der deutschen Arbeiterklasse für ein freies
sozialistisches Deutschland getrennt. Was würde Hamburg in einem
sozialistischen Sowjet-Deutschland bedeuten? Man braucht sich bloß
vorzustellen: Wenn der Tag gekommen ist, wo von Wladiwostok am Stillen
Ozean bis Brunsbüttelkoog die Arbeiterschaft herrscht, was für eine
Macht werden wir dann sein? Unbesiegbar vom Weltkapital! Und welche
Rolle wird unser Hamburg in Sowjet-Deutschland spielen? Diese große
Hafenstadt mit ihren ausgezeichneten Einrichtungen und bedeutenden
Anlagen wird eine einzigartige Stellung im Verkehr Deutschlands mit der
Sowjetunion einnehmen. Heute schon, unter dem Kapitalismus, zeigt sich,
welche Bedeutung der Sowjethandel für Hamburg hat. In Altona,
Langenfelde usw. stehen hunderte Waggons mit Maschinen und
Einrichtungen, die für die Sowjetunion bestimmt sind. Sie warten auf die
Schiffe.“
Ernst Thälmann spricht in Hamburg auf dem Ohlsdorfer Friedhof vor dem Denkmal für die Revolutionsgefallenen 1918 - 1920 (Foto, etwa 1930).
Die Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des
deutschen Volkes, das Bauernhilfsprogramm sowie das
Arbeitsbeschaffungsprogramm der KPD entstanden unter starker
Einflussnahme Ernst Thälmanns. Unter dem Titel: „Was tut not? Die KPD
zeigt euch den Weg!“ schrieb „Die Rote Fahne“ im Mai 1931 zur Begründung
des Arbeitsbeschaffungsprogramm: „Viereinviertel Millionen Arbeiter in
Stadt und Land leiden unter der Geißel der Erwerbslosigkeit, dem
furchtbarsten Zeichen der kapitalistischen Krise. Alle Versprechungen
der regierenden Minister auf Arbeitsbeschaffung sind nicht in Erfüllung
gegangen. Der Herbst und Winter werden ein gewaltiges, neues Anschwellen
der Erwerbslosigkeit bringen. Schon heute sprechen selbst
kapitalistische Zeitungen von 6 bis 7 Millionen Er-werbslosen im
kommenden Winter. Dazu tritt die steigende Kurzarbeit, die die Löhne
teilweise auf die Hungerunterstützung der Erwerbslosen herabdrückt und
bereits drei Millionen Arbeiter betrifft.“
SA-Mord an Ernst Henning
In der Vitrine werden Dokumente über den Hamburger Arbeiterfunktionär
Ernst Henning gezeigt, darunter sein KPD-Mitgliedsbuch. Henning, 1892 in
Magdeburg geboren, von Beruf Former, war Mitbegründer der USPD in
Bergedorf. 1919 trat er in die KPD ein. Er gehörte ab 1928 der
Hamburgischen Bürgerschaft an. Auf dem Rückweg von einer KPD-Versammlung
in Kirchwerder am 14. März 1931 ermordeten SA-Männer Ernst Henning. Auf
der Trauerkundgebung auf dem Ohlsdorfer Friedhof sprach Ernst Thälmann.
Angesichts der faschistischen Bedrohung steht der Wahlkampf zur
Bürgerschaft 1931 im Zeichen der Losung "Hamburg bleibt rot!" Mit 21,9
Prozent der Stimmen erzielen die Kommunisten ein Rekordergebnis.
„Die KPD gibt das Signal“, KPD-Plakat von Max Keilson zur Bürgerschaftswahl 1931.
1. Wahlgang (13. März) | 2. Wahlgang (10. April) | |
Hindenburg | 446.054 | 441.141 |
Hitler | 200.634 | 238.753 |
Thälmann | 123.879 | 96.485 |
Die faschistische Bewegung hatte 1930 stark zugenommen. Gemeinsamen
Aktionen der Arbeiterparteien gegen die faschistische Gefahr standen
ideologische Hindernisse entgegen. Die von der KPD verfolgte Linie der
Einheitsfront von unten warb um die Mitglieder sozialdemokratischer und
gewerkschaftlicher Organisationen und richtete sich mit der von der
Mehrheit der ZK-Mitglieder vertretenen These vom „Sozialfaschismus“
scharf gegen die Führung der Sozialdemokratie und des ADGB. Die SPD
wurde als soziale Hauptstütze der Bourgeoisie und als Hauptfeind auf dem
Weg zur proletarischen Revolution gesehen. Die SPD-Führung ihrerseits
sah in den Kommunisten nur rotlackierte Faschisten, Kommunismus sei
„nichts anderes als der Faschismus!“ Erst nach dem Machtantritt Hitlers
begannen die zerstrittenen Flügel der Arbeiterbewegung ihre Versäumnisse
und Fehler zu diskutieren und aufzuarbeiten (vgl. Prager Manifest der
SPD 1934 und Beschlüsse der Brüsseler Konferenz der KPD 1935).
Wilhelm Pieck analysierte 1935 rückblickend: „So notwendig es war, dass
wir den schärfsten Kampf führten gegen die Politik der
Klassenzusammenarbeit der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie, ...
gegen den Terror, den die Sozialdemokratie als Regierungsmacht gegen die
revolutionären Arbeiter zur Unterdrückung ihrer Bewegung anwandte, so
hätten wir doch ... die Veränderungen bemerken müssen, die in dieser
Zeit vor sich gingen, in der die faschistische Gefahr immer stärker in
den Vordergrund trat. ... Eine Taktik, die zu einer bestimmten Zeit
richtig war, wurde auch dann noch fortgesetzt, als die Bedingungen des
Kampfes andere wurden. Wir richteten unseren Hauptangriff gegen die
Sozialdemokratie noch in einer Zeit, in der wir den Hauptangriff gegen
die faschistische Bewegung hätten richten müssen.“
Auf einer Trauerfeier für den 1932 von der SA ermordeten Genossen Herbert
Frahm aus Lunden
versprechen Franz Jacob, KPD (links), und der
Reichsbanner-Kamerad Sothmann gemeinsam
gegen den Faschismus zu kämpfen
(Foto aus: „Der Rote Stern“, Juli 1932).
Die Reichstagswahlen im September 1930 zeigten schlagartig das Anwachsen
der faschistischen Massenbewegung. Die Stimmen der NSDAP hatten sich
gegenüber 1928 verachtfacht, der Zuwachs in Hamburg fiel noch deutlicher
aus. Ernst Thälmann unterbreitete im Mai 1932 dem ZK der KPD den
Vorschlag, "eine große antifaschistische Aktion in Deutschland in die
Wege zu leiten." In einem Ge-spräch mit 20 SPD-Funktionären bezeichnete
er die Antifaschistische Aktion als "ein überparteiliches Sammelbecken
für alle zum rücksichtslosen Kampfe gegen den Faschismus gewillten
Arbeiter. Sie ist keine Organisation, sondern eine Massenbewegung". Im
Rahmen der Antifaschistischen Aktion bildeten sich Einheitsausschüsse
und Komitees in Betrieben und Orten. In vielen Städten fanden Kongresse
mit Delegierten der Einheitsausschüsse statt. Ein Lagebericht des
Reichsministeriums des Innern vom 16. Juli 1932 listete Ergebnisse der
Antifaschistischen Aktion auf: "Im ganzen Reiche gehen die praktischen
Einheitsfrontaktionen weiter. SPD-Betriebsräte erscheinen als Delegierte
ihrer Kameraden in kommunistischen Versammlungen. Sozialdemokraten
erscheinen bei den vielerorts veranstalteten antifaschistischen
Kongressen der KPD, wenn auch noch nicht in der von der KPD erhofften
Zahl."
Am "1. Antifaschistischen Kampfkongress des Bezirks Wasserkante" im Juni
1932 nahmen 1.700 Delgierte teil. Davon gehörten 190 der SPD oder dem
Reichsbanner an. Bis zum Dezember 1932 wurden in Hamburg 170 rote
Massenselbstschutzstaffeln mit ca. 5.300 Mitgliedern aufgebaut.
Stimmergebnissen der NSDAP bei Bürgerschaftswahlen in Hamburg:
Jahr | Stimmen | Anteil |
1927 | 9.754 | 1,50% |
1928 | 14.760 | 2,15% |
131 | 202.50 | 26,25% |
132 | 233.750 | 31,23% |
Broschüre über das Treffen von Ernst Thälmann mit 20 SPD-Funktionären
aus dem gesamten Reichsgebiet am 8. Juli 1932 im Karl-Liebknecht-Haus in
Berlin.
In der Vitrine sind eine RFB-Uniform, Abzeichen, Mitgliedsbücher und
eine Schalmei zu sehen. Der Rote Frontkämpferbund wurde auf Beschluss
der KPD im Mai 1924 in Halle als Wehr- und Schutzor-ganisation
gegründet, um klassenbewusste Arbeiter, besonders ehemalige Soldaten,
zum Kampf gegen den deutschen Militarismus zu vereinen. Er betrieb
antimilitaristische Propaganda und schützte KPD-Kundgebungen. Er war
einheitlich uniformiert und trat oft in militärisch formierten
Marschkolonnen in Erscheinung. Junge Mitglieder gehörten zur Roten
Jungfront, der Jugendabteilung des RFB, einem re-lativ eigenständigen
Jugendverband. Die anfangs im RFB entstandenen Frauenabteilungen wurden
1925 zu einer selbständigen proletarischen Frauenorganisation
zusammengeschlossen, dem Roten Frauen- und Mädchenbund. Ernst Thälmann
war ab 1925 Vorsitzender des RFB. Der RFB hatte bis zu über 150.000
Mitglieder, davon war die Mehrzahl parteilos.
Am 6. Mai 1929 wurde der RFB in Hamburg vom sozialdemokratischen Senat
verboten. Vorwand dazu war der Berliner Blutmai gewesen: Der
sozialdemokratische Polizeipräsident Karl Zörgiebel hatte ein
Demonstrationsverbot vom Dezember 1928 für die Maikundgebungen 1929 in
Berlin aufrechterhalten. Dennoch folgten 200000 Menschen dem Aufruf der
KPD. Die Polizei eröffnete das Feuer auf die De-monstranten, was zu
Barrikadenkämpfen in Neukölln und Wedding führte. Bei dem dreitägigen
Poli-zeimassaker wurden 31 Menschen getötet und mehrere hundert
verletzt. Der Hamburger Senat über-nahm die Haltung der Berliner
Behörden und verbot den für Pfingsten 1929 in Hamburg angesetzten
"Internationalen Frontkämpfertag".
Viele Kommunisten und andere revolutionär Gesinnte erlebten
Hausdurchsuchungen und andere poli-zeiliche Verfolgungen. Die
kommunistische Presse unterlag des öfteren Verboten. So konnte die
„Ham-burger Volkszeitung“ 1928 zwei, 1929 drei, 1930 viereinhalb, 1931
dreizehn und 1932 zweieinhalb Wochen nicht erscheinen. Vor Gericht
wurden Kommunisten weitaus härter bestraft als angeklagte Nazis. Die
Erfahrungen mit der Klassenjustiz auch in sozialdemokratisch regierten
Landesteilen bestätigten in den Augen vieler Kommunistinnen und
Kommunisten die Vorstellung, dass die sozialdemokratische Führung mit
ihrer Politik objektiv die Faschisten unterstützte. Das trug dazu bei,
die von der faschisti-schen Bewegung ausgehende Gefahr zu unterschätzen.
Roter Frontkämpferbund (RFB): RFB-Uniform, Abzeichen, Mitgliedsbücher und eine Schalmei
Für Sonntag, den 17. Juli 1932, hatte der sozialdemokratische
Polizeipräsident von Altona Otto Eggerstedt trotz vorheriger Warnungen
aus der Bevölkerung einen Naziaufmarsch genehmigt. Als 7000 SA-Männer
durch Arbeiterviertel von Altona zogen, kam es zu schweren
Auseinandersetzungen, bei denen - vor allem durch Schüsse der Polizei -
18 zumeist unbeteiligte Menschen den Tod fanden. Die Reichsregierung
unter Franz von Papen nahm dies als Vorwand, die sozialdemokratische
Regierung in Preußen aufzulösen und wichtige Positionen in Verwaltung
und Polizei mit reaktionär eingestellten Personen zu besetzen. Die
SPD-Führung beugte sich der Gewalt und lehnte die von der KPD
vorgeschla-genen Massenaktionen ab. Statt dessen rief sie - ohne Erfolg
- das Reichsgericht an und räumte kampflos ihre Positionen. Dieser
Staatsstreich war ein bedeutender Schritt bei der Unterminierung der
Weimarer Republik durch reaktionäre und faschistische Kräfte.
Hamburger Reeder setzt sich für Hitler ein.
Im November 1932 verlor die NSDAP bei den Reichstagswahlen 2 Millionen
Stimmen, während die KPD erstmals mit 100 Abgeordneten in den Reichstag
einzog. Industrielle, Bankiers und Großagrarier forderten daraufhin von
Hindenburg, Hitler zum Reichskanzler zu berufen, darunter auch der
Hamburger Reeder und spätere Nazibürgermeister Carl Vincent Krogmann. In
gleichlautenden Schreiben erklärten sie: "Mit Eurer Exzellenz bejahen
wir die Notwendigkeit einer vom parlamentarischen Parteiwe-sen
unabhängigen Regierung, [...] Die Übertragung der verantwortlichen
Leitung eines mit den besten sachlichen und persönlichen Kräften
ausgestatteten Präsidialkabinetts an den Führer der größten nationalen
Gruppe wird die Schlacken und Fehler, die jeder Massenbewegung
notgedrungen anhaften, aus-merzen und Millionen Menschen, die heute noch
abseits stehen, zu bejahender Kraft mitreissen."
Zeitungsauschnitt der Hamburger Volkszeitung zum Altonaer Blutsonntag
Ziegenhals
Zwei Tage vor der Reichstagswahl fiel Ernst Thälmann der Polizei in die
Hände. Nach der Machtübertragung an Hitler im Januar 1933 hatten die
Faschisten begonnen, ihren Herrschafts- und Terrorapparat auszubauen.
Von März bis Juli 1933 wurden allein in Hamburg ca. 2400 Kommunisten in
„Schutzhaft“ genommen. Bereits Ende März 1933 hatte die
Hamburger Polizei in der stillgelegten Torfverwertungsfabrik Wittmoor
ein „Konzentrationslager für Kommunisten“ eingerichtet, das bis
zum Oktober bestand. In der Strafanstalt Fuhlsbüttel wurden ebenfalls
Schutzhäftlinge der Staatspolizei untergebracht, die zunächst von den
alten Justizbeamten bewacht wurden. Unter Karl Kaufmann, Gauleiter der
NSDAP und neuer Reichsstatthalter von Hamburg, übernahm im August 1933
die 28. SS-Standarte mit Sturmführer Willi Dusenschön die Bewachung im
Konzentrationslager Fuhlsbüttel. Nunmehr waren, wie auch Willi Bredel in
seinem Roman „Die Prüfung“ 1934 festgehalten hat, Misshandlungen und
Folter an der Tagesordnung. Dieses KZ, von den Häftlingen bald KolaFu
genannt, blieb bis Kriegsende 1945 ein Ort des Schreckens.
Mit dem „Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror“, das
die KPD im Ausland drucken ließ, wurden die Verbrechen der neuen
faschistischen Regierung in Deutschland international bekannt gemacht.
Am 2. Juni 1933 verurteilte ein Sondergericht die vier Hamburger
Antifaschisten August Lütgens, Bruno Tesch, Karl Wolff und Walter Möller zum
Tode und ließ sie am 1. August 1933 in Altona hinrichten.
Willkürlich
wurden sie für den Tod zweier SA-Männer beim Altonaer Blutsonntag
verantwortlich gemacht. Beweise dafür gab es nicht. Sie waren die ersten
Blutopfer der gleichgeschalteten Justiz in Deutschland.
Die Urteile
wurden erst 1993 von der Hamburger Justiz aufgehoben, nachdem der
Landesverband der VVN-BdA und andere Initiativen dies viele Jahre gefordert
hatten.
Seit 1987 trägt eine Gesamtschule in Altona den Namen
„Bruno-Tesch-Schule“.
Die Berliner Polizei verhaftete Ernst Thälmann am 3. März 1933 - zwei
Tage vor seiner für den 5. März vorbereiteten Flucht ins Ausland. Er
wurde ins Polizeipräsidium am Alexanderplatz gebracht und im dortigen
Polizeigefängnis eingekerkert. Im Mai kam er in das
Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit. Alle Versuche, durch Verhöre
Thälmanns juristisch verwertbares Belastungsmaterial zu produzieren,
scheiterten. Daher war er im Januar 1934 in der Gestapo-Zentrale Prinz-
Albrecht-Straße zwei Wochen lang schweren Folterungen und Misshandlungen
ausgesetzt, die ebenfalls keine Ergebnisse brachten.
Nachdem Rosa Thälmann Ende April 1933 die Erlaubnis erstritten hatte,
ihren inhaftierten Mann zu besuchen, gelangten Informationen des
Gefangenen nach draußen, etwa über die Misshandlungen durch die Gestapo.
In den Jahren 1936 bis 1939 kam der Parteikurier Walter Trautzsch
zwanzig Mal aus dem Ausland zu Rosa Thälmann, um über sie Nachrichten
des ZK der KPD an den Parteivorsitzenden zu übermitteln und dessen
politische Stellungnahmen entgegenzunehmen. Als Rosa Thälmann 1937
schwer erkrankte, beteiligte sich die inzwischen siebzehnjährige Tochter
Irma an dieser Aufgabe. Später schmuggelte sie 22 Hefte ihres Vaters mit
Aufzeichnungen aus den Jahren 1937 bis 1943 nach draußen.
Als die Gestapo im Frühjahr 1937 alle Briefe Thälmanns an Angehörige
beschlagnahmt und verfügt hatte, dass seine Frau künftige Post nur noch
bei der Polizei lesen dürfe, protestierte Thälmann scharf gegen diese
psychische Folter und stellte seinen Briefverkehr ein: Er schreibe nur
an seine Frau und nicht für die Gestapo.
Rosa Thälmann, geb. Koch,
Frau von Ernst Thälmann
Irma Thälmann,
Tochter von Ernst Thälmann
Nachdem Georgi Dimitroff sich erfolgreich im Reichstagsbrandprozess
verteidigt hatte, hoffte Thälmann auf ähnliche Möglichkeiten
öffentlichen Auftretens in dem von den Faschisten gegen ihn
eingelei-teten Verfahren und bereitete sich sorgfältig darauf vor. Im
Herbst 1935 floh Thälmanns Offizialverteidiger Dr. Friedrich Roetter ins
Ausland und machte dort den Text der Anklageschrift gegen seinen
Mandanten bekannt. Roetter war als Verteidiger Thälmanns selbst in
Konflikt mit dem Volksgerichtshof geraten, einige Monate inhaftiert
gewesen und aus dem Anwaltsstand ausgeschlossen worden. Die Naziführung
ließ 1935 den Prozess gegen den KPD-Vorsitzenden fallen. 1937 wurde
Thälmann von Berlin in das Gerichtsgefängnis Hannover überführt.
International kam es zu einer breiten Solidaritätsbewegung für die
Freilassung Ernst Thälmanns und anderer gefangener Hitlergegner. Ein
Zentrum dieser Bewegung war das Frankreich der Volksfront, aber auch in
vielen anderen europäischen Ländern und den USA fanden Aktionen statt.
Gleichzeitig wurde über die Politik des faschistischen Deutschlands
aufgeklärt und versucht, die Weltöffentlichkeit zu Aktivitäten gegen
Hitlerdeutschland zu bewegen.
Der französische Jurist und Kommunist Pierre Kaldor nahm im August 1935
an einem Internationalen Strafrechtskongress in Berlin teil und konnte
dort bei einer Besichtigung des Untersuchungsgefängnisses Thälmann
während seiner Freistunde sehen. Im November des Jahres versuchte Kaldor
im Auftrag des Thälmann-Befreiungskomitees und der Internationalen
Juristenvereinigung mit dem Volksgerichtshof über eine Ausweisung
Thälmanns nach Frankreich zu verhandeln. Die Gestapo kam in sein Hotel
und forderte ihn zur sofortigen Abreise nach Paris auf.
In New York gedruckte Solidaritätsbroschüre von 1934.
In den faschistischen KZ ordnete die SS-Lagerführung den verschiedenen Verfolgtengruppen jeweils Winkel mit bestimmter Farbe zu. Die politischen Häftlinge erhielten einen roten Winkel. Der Hamburger Kommunist Harry Naujoks (zu sehen ist seine Häftlingsmütze) war von 1939 bis 1942 „Lagerältester“ im KZ Sachsenhausen und versuchte mit seinen Kameraden das Überleben der Mitgefangenen zu organisieren. Nach 1945 war er Vorsitzender der KPD in Hamburg und 1969 Mitbegründer der Gedenkstätte Ernst Thälmann. Zeugnisse der Selbstbehauptung politischer Häftlinge in verschiedenen KZ sind Briefe, Gedichte und Zeichnungen von Albin Stobwasser und Willi Schulz sowie ein hölzernes Schachspiel von Robert Finnern. Ebenso belegen die von Gefangenen auf Brotdosen eingeritzten Botschaften aus dem KZ Börgermoor, wo das Moorsoldatenlied entstand, die Widerstandskraft der Häftlinge, die zum großen Teil aus der Arbeiterschaft kamen. Auf einer der Dosen ist eine Zeile aus dem von Bernhard Bästlein mitverfassten Sachsenhausenlied zu lesen: „Wir wissen, dass nach dieser Not uns leuchtet hell das Morgenrot.“ Der Harburger Kommunist Felix Plewa, der ein Holzkästchen im KZ Börgermoor anfertigte, wurde 1942 als Soldat im Fliegerhorst Uetersen verhaftet, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und 1943 in Plötzensee hingerichtet. Während seiner Haft im KZ Fuhlsbüttel entstanden von Albert Friedrichs zwei auf Toilettenpapier gezeichnete Selbstbildnisse und die Skizze einer Zuchthauszelle. Er war als Funktionär der KPD und des RFB wegen „hochverräterischer Handlungen“ im April 1933 vom Reichsgericht in Leipzig zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Nach 1945 war Friedrichs in verschiedenen Funktionen der Hamburger KPD tätig und Gründungsmitglied der Gedenkstätte Ernst Thälmann.
Selbstporträt Albert Friedrichs
Die Ausstellungsstücke in dieser Vitrine sind vor allem dem
Arbeiterfunktionär Fiete Schulze gewidmet. Daneben enthält sie die
Personalakten des Hamburger Kommunisten Paul Schwarzkopf über seine
zwölfjährige Haft. Auf einer Tafel über der Vitrine werden Dokumente zum
KZ Neuengamme gezeigt, darunter über die Ausbeutung der Häftlinge als
Arbeitssklaven der SS.
Fiete Schulze wurde am 21. Oktober 1894 in Schiffbek geboren. Er
arbeitete als Nieter auf einer Hamburger Werft und trat 1913 in die SPD
ein. Nach Krieg und Novemberrevolution schloss er sich der USPD an,
deren Mehrheit sich 1920 mit der KPD vereinigte. Als Kampfgefährte Ernst
Thälmanns leitete Schulze 1923 die Schiffbeker Aktivitäten im Hamburger
Oktoberaufstand. Nach Flucht und Emigration kehrte er 1932 nach Hamburg
zurück und organisierte mit seinen Genossen den Widerstand gegen den
faschistischen Terror. Im April 1933 wurde er festgenommen und nach
langer Einzelhaft und Folter im März 1935 dreimal zum Tode und zu 280
Jahren Zuchthaus verurteilt. In einem Abschiedsbrief an seine Schwester
schrieb Fiete Schulze: "Du haderst mit den Verhältnissen, die Dir
den Bruder nehmen. Warum willst Du nicht verstehen, dass ich dafür
sterbe, dass viele nicht mehr eines frühen und gewaltsamen Todes zu
sterben brauchen? Noch ist es nicht so, doch hilft mein Leben und
Sterben es bessern." Im Hof des Hamburger Untersuchungsgefängnisses
wurde er am 6. Juni 1935 mit dem Handbeil enthauptet.
Erst 46 Jahre später, 1981, hob die Staatsanwaltschaft beim
Hanseatischen Oberlandesgericht auf Initiative der Vereinigung der
Verfolgten des Nazi-Regimes das Todesurteil gegen Fiete Schulze auf.
1970 hatte er im Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer auf dem
Ohlsdorfer Friedhof an der Seite seiner Kameraden seine letzte
Ruhestätte erhalten.
Dieses Foto zeigt eine dänische Frauenabordnung, die am 20. Juni 1935 an
Fiete Schulzes Grab einen Kranz niederlegte.
So ehrten sie öffentlich den
Ermordeten und bekundeten ihre Solidarität mit dem deutschen Widerstand
gegen den faschistischen Terror.
Dr. Kurt Adams, MdHB 1924 - 1933, SPD.
Geb. 15.12.1889 in Hamburg, Studienrat
Gest. 07.10.1944 im KZ Buchenwald umgekommen
Etkar André, MdHB 1921, KPD
Geb. 17.1.1894 in Aachen,
Hafenarbeiter
Gest. 04.11.1936 in Hamburg hingerichtet
Bernhard Bästlein, MdHB 1921, KPD
Geb. 3.12.1894 in Hamburg, Feinmechaniker
Gest.18.9.1944 in Brandenburg hingerichtet
Adolf Biedermann,
MdHB 1919 - 1927, MdR, SPD
Geb. 30.3.1881 in Hamburg, Angestellter
Gest.11.5.1933 neben Bahngleisen bei Recklinghausen
ermordet aufgefunden
Gustav Brandt, MdHB 1931 - 1933, KPD
Geb. 4.4.1894 in Wolsdorf Kr. Elbing, Seemann
Gest. Im Frühjahr 1945 auf dem Transport vom Zuchthaus Werl nach Celle von der SS erschossen
Valentin Ernst Burchard,
MdHB 1932/33, Deutsche Staatspartei
Geb. 26.1.1891 in Hamburg, Kaufmann
Gest. 08.11.1941 nach Minsk deportiert,
verschollen
Max Eichholz, MdHB 1920 - 1933, DDP/DStP
Geb. 3.12.1881 in Hamburg, Rechtsanwalt
Gest. 11.1.1943 im KZ Auschwitz ermordet
Hugo Eickhoff, MdHB 1931 - 1933, KPD
Geb. 26.9.1906 in Hamburg,
Angestellter
Gest.15.12.1944 im Sonderbataillon „Dirlewanger“ in Forsani, Rumänien, gefallen
Dr. Theodor Haubach,
MdHB 1927 - 1929, SPD
Geb. 15.9.1896 in Frankfurt/M., Journalist
Gest. 23.1.1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet
Wilhelm Heidsiek, MdHB 1933, SPD
Geb. 4.1.1888 in Cuxhaven, Journalist
Gest. 7.11.1944 im KZ Neuengamme
umgekommen
Ernst Henning, MdHB 1928 - 1931, KPD
Geb. 12.10.1892 in Magdeburg, Former
Auf der
Heimfahrt von Kirchwerder nach Bergedorf durch SA-Leute am 14.3.1931 erschossen
Hermann Hoefer, MdHB 1928 - 1931, KPD
Geb. 21.8.1868 in Hamburg, Lehrer
Gest. 13.12.1945 in Hamburg an Haftfolgen gestorben
Franz Jacob, MdHB 1932/33,
KPD
Geb. 9.8.1906 in Hamburg, Schlosser
Gest. 18.9.1944 in Brandenburg hingerichtet
Fritz Lux,
MdHB 1928 - 1933, KPD
Geb. 28.9.1892 in Imten Kr. Wehlau, Hafenar-beiter
Erlag den Misshandlungen im KZ
Fuhlsbüttel am 6.11.1933
Adolf Panzner, MdHB 1931, KPD
Geb. 4.8.1892 in Hamburg, Angestellter
Gest. 6.2.1944 in Hamburg gestorben an Haftfolgen
Fritz Simon Reich, MdHB 1927 - 1928, Reichspartei des
deutschen Mittelstandes
Geb. 31.8.1868 in Königsberg, Makler
Gest. 31.5.1944 im KZ Theresienstadt umgekommen
August Schmidt, MdHB 1928 - 1931, KPD
Geb. 13.7.1884 in Königsaue, Werftarbeiter
Gest. 3.8.1939 in
Hamburg gestorben an Haftfolgen
Otto Schumann, MdHB 1931 - 1933, SPD
Geb. 5.11.1888 in Magdeburg,
Angestellter
Gest. 3.5.1945 als Neuengamme-Häftling in der Lübecker Bucht ertrunken („Cap Arcona“)
Theodor Skorzisko,
MdHB 1931/32, KPD
Geb. 9.9.1899 in Raschlowitz, Elektromonteur
Emigrant in Frankreich, seit 10.5.1940 verschollen
Ernst Thälmann, MdHB 1919 - 1933, MdR, KPD
Geb. 16.4.1886 in Hamburg, Transportarbeiter
Gest. 18.8.1944
im KZ Buchenwald ermordet
Hans Westermann, MdHB 1928 - 1930, KPD
Geb. 17.7.1890 in Hamburg, Schneider
Gest.16.3.1935 im KZ Fuhlsbüttel ermordet
Paul Dietrich, MdHB 1924 - 1927, MdR 1928 - 1930,
Geboren am 6. November 1889 in Großvargula /
Thüringen, Lehrer.
1912 SPD, 1918 USPD, 1920 KPD. 1924 Chefredakteur der „Hamburger Volkszeitung“, 1925 - 1927 Sekretär
Ernst Thälmanns, Mitglied des ZK der KPD. Seit 1934 im Saargebiet, in Basel, Amsterdam, Paris tätig. 1936 in die UdSSR,
Redakteur in Leningrad.
1937 festgenommen, in einem Lager umgekommen
Hans Kippenberger, MdHB 1924 - 1925, MdR 1928 - 1933,
Geboren am 15. Januar 1898 in Leipzig,
Bankangestellter.
1918 USPD, 1920 KPD. 1923 führend am Hamburger Aufstand beteiligt. 1928 - 1933 Leiter des militärpolitischen
Apparates des ZK der KPD. 1929 Kandidat des ZK der KPD. Seit 1933 in Paris, ab 1934 in Moskau tätig
1936 verhaftet,
1937 Todesurteil, am 3. Oktober 1937 erschossen.
Alfred Levy, MdHB 1921 - 1927,
Geboren am 6. Januar 1885 in Hamburg, Schriftsetzer.
1919 als
Schwerkriegsbeschädigter beim Arbeitsamt angestellt. 1904 SPD, 1918 USPD, 1919 KPD (1927 vorübergehend Austritt). 1923
Teilnahme am Hamburger Aufstand, Festungshaft. Redakteur der „Knochenmühle“, KPD-Betriebszeitung für Blohm & Voss. 1933
festgenommen und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. 1936 Emigration in die UdSSR.
Im März 1938 verhaftet, erschossen
am 28. Mai 1938 in Butowo bei Moskau.
Heinrich Meyer, MdHB 1931 - 1932,
Geboren am 22. Mai 1904 in Hamburg, Lehrer.
1922 KPD. 1929 -
1931 Chefredakteur der „Hamburger Volkszeitung“. 1932 Leiter der Abteilung Agitation und Propaganda im ZK der KPD. Ende
1932 Festnahme, 1933 Schutzhaft im KZ, 1934 entlassen. 1935 Emigration in die UdSSR, Mitarbeiter des Exekutivkomitees der
Kommunistischen Internationale.
1937 verhaftet, 3. September 1938 Todesurteil durch ein sowjetisches Sondergericht.
Erschossen am 3. September 1938 in Butowo bei Moskau.
Willy Presche, MdHB 1926 - 1931,
Geboren am 1. Dezember 1888 in Berlin, Schlosser.
1918 USPD,
1920 KPD. Seit Mitte der zwanziger Jahre Mitglied der Bezirksleitung Wasserkannte der KPD, dort Mitarbeiter im
militärpolitischen Apparat, 1930 in Berlin. 1931 in die UdSSR.
1937 in Odessa verhaftet. Todestag und -ort nicht bekannt.
Nach dem Machtantritt Hitlers hatte die letzte legale Bezirksleitung der
KPD die Hamburger Parteiorganisation in den Untergrund geführt. 1934
betrug die Mitgliederstärke der KPD in Hamburg etwa 4000 Personen, von
denen ca. 3000 Beiträge zahlten. Aus Sicherheitsgründen und aufgrund
zahlreicher Verhaftungen mussten die lokalen Organisationsstrukturen
mehrmals neu aufgebaut werden; die Bezirksleitung wurde bis zum Herbst
1935 siebenmal umgebildet.
Vom 25. Juli bis zum 29. August 1935 fand in Moskau der VII.
Weltkongress der KI statt, bei dem 65 Parteien vertreten waren. Von den
76 Parteien, die der KI angehörten, waren damals 50 illegal. Aus der
Niederlage der deutschen Arbeiterklasse unter dem Faschismus entwickelte
der Kongress eine neue Sicht von Aktionseinheit- und Volksfrontpolitik -
zum Sturz des Faschismus sollte die Zusammenarbeit mit
sozialdemokratischen und bürgerlich-liberalen Kräften verwirklicht
werden. Auf einer Parteikonfe-renz der KPD im Oktober 1935 in Moskau -
Brüsseler Konferenz genannt - werteten die Delegierten die Beschlüsse
des VII. Weltkongresses aus. Für die Haftzeit Thälmanns wurde Wilhelm
Pieck zum Vorsitzenden der KPD gewählt. Auf der Konferenz wurde
beschlossen, die Bezirksleitungen in das je-weils angrenzende Ausland zu
verlegen; für Hamburg war nunmehr die Abschnittsleitung Nord (ALN) in
Kopenhagen zuständig. Eine weitere Parteikonferenz fand Anfang 1939
südlich von Paris statt - die sogenannte Berner Konferenz -, auf der
Vorschläge für den Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung
in Deutschland nach dem Sturz des Faschismus entwickelt wurden. Diese
beiden Konferenzen wurden von der KPD später als 13. und 14. Parteitag
gezählt.
Tarnschrift „Kakteenpflege“ mit Dokumenten der Brüsseler Parteikonferenz
der KPD im Oktober 1935.
Programmatische Schriften und Dokumente, wie sie
in dieser Vitrine zu sehen sind, wurden von der KPD im Exil
als
Tarnschriften mit einem unverfänglichen Titel gedruckt, um sie illegal im
Deutschen Reich zu verbreiten.
In einer 1968 von der Vereinigten Arbeitsgemeinschaft der Naziverfolgten (VAN) herausgegebenen "Totenliste Hamburger Widerstandskämpfer und Verfolgter 1933-1945" werden die Namen von 1774 Männern und Frauen genannt, die ihren Einsatz gegen Hitler und Krieg mit dem Leben bezahlten, sowie 59 Hamburger, die in den Jahren 1945 bis 1949 an den Folgen der Haft starben. Weiter sind nach gleicher Quelle bis März 1947 in Hamburg 12119 Männer und Frauen als politische Gegner des Naziregimes anerkannt worden. In dem vom Staatsarchiv 1995 herausgegebenen Gedenkbuch „Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus“ wird die Gesamtzahl der Opfer, die aufgrund jüdischer Herkunft verfolgt wurden und den Tod erlitten, mit 8877 angegeben.
In Hamburg wie im gesamten Reich kam die Mehrheit der Widerstandskämpfer aus der organisierten Arbeiterbewegung. Auf unserer Gedenktafel wird durch Fotos und andere Dokumente an 20 der ermordeten Hamburger Antifaschisten erinnert. Im Unterschied zur Anordnung auf der Tafel werden sie hier in alphabetischer Reihenfolge genannt.
* ROBERT ABSHAGEN, KPD, 1944 hingerichtet in Hamburg * ETKAR ANDRÉ, KPD, 1936 hingerichtet in Hamburg * BERNHARD BÄSTLEIN, KPD, 1944 hingerichtet in Brandenburg * DAGOBERT BIERMANN, KPD, 1943 umgekommen im KZ Auschwitz * FRANZ BOBZIEN, SAP, 1941 umgekommen im KZ Sachsenhausen * HEIN BRETSCHNEIDER, KPD, 1944 hingerichtet in Hamburg * ELISABETH BRUHN, KPD, 1944 gehenkt im KZ Neuengamme * GUSTAV BRUHN, KPD, 1944 gehenkt im KZ Neuengamme * HANS CHRISTOFFERS, KPD, 1942 umgekommen in Wietzendorf * ERIKA ETTER, KJVD, 1945 gehenkt im KZ Neuengamme * THEODOR HAUBACH, SPD, 1945 gehenkt in Berlin-Plötzensee * HANS HORNBERGER, KPD, 1944 gehenkt im KZ Neuengamme * FRANZ JACOB, KPD, 1944 hingerichtet in Brandenburg * RUDOLF KLUG, KPD, 1944 erschossen bei Narvik * KÄTHE LATZKE, KPD, 1945 umgekommen im KZ Ravensbrück * HANS LEIPELT, Weiße Rose, 1945 hingerichtet in München-Stadelheim * FELIX PLEWA, KPD, 1943 hingerichtet in Berlin-Plötzensee * LISBETH ROSE, KJVD, 1945 hingerichtet in Berlin-Plötzensee * RICHARD SCHÖNFELD, KPD, 1945 umgekommen im KZ Neuengamme * WILHELM STEIN, KPD, 1944 hingerichtet in Hamburg
Der Kampf gegen die wachsende Kriegsgefahr nahm in der illegalen Arbeit
der KPD einen hohen Stellenwert ein. In den hier gezeigten Zeitungen
werden die verschärfte Aufrüstung und der militarisierte Arbeitsdienst
angeprangert und vor der drohenden Katastrophe eines neuen Krieges
gewarnt. Die Abschnittsleitung Nord der KPD (ALN) in Kopenhagen gab
zahlreiche solche Flugblätter und Schriften heraus, die durch
ALN-Kuriere, durch skandinavische Seeleute, durch die Post an
Deckadressen und auf anderen Wegen nach Norddeutschland gebracht und
dort unter großer Gefahr verbreitet wurden.
In der „Hamburger Volkszeitung“ vom April 1935 wurde über Kundgebungen
in Schweden und Norwegen für die Freilassung des Hamburger Kommunisten
Fiete Schulze berichtet. Die „Deutsche Metallarbeiterzeitung“ vom April
1936 rief auf: „Macht endlich Schluss mit der Spaltung! Schließt dicht
die Reihen zum gemeinsamen Kampf gegen die faschistische Diktatur.“
Über das Auftreten des Hamburger Kommunisten Etkar André vor Gericht
berichtete das KPD-Organ „Norddeutsche Volkszeitung“ 1938 - zwei Jahre
nach seiner Hinrichtung: „... er machte einige Richter schwankend in
ihrem Auftrage: Er erzwang die Anerkennung seiner Todfeinde für sich.
Die einen aus der Meute der seinen Kopf fordernden Anhänger Hitlers
bewunderten seine kühne Haltung, wurden nachdenklich, verglichen ihn mit
ihren ‘Führern’ und wurden sehend; die anderen, die Richter, sahen sich
außerstande, diesen edlen, kühnen, selbstlosen Menschen gegen alles
Recht, gegen ihre Überzeugung zum Tode zu verurteilen. Er zwang die
einen, die beabsichtigte Hinrichtung als Mord zu erkennen und die
anderen, die schon erhobene Mordwaffe fallen zu lassen. Ein tagelanger
Kampf zwischen diesen Richtern und der braunen Partei entbrannte. Sie
stritten um den Kopf Edgars. Es siegte die Rache.“
Mit selbstgebauten Empfängern, wie dem des Arbeiterradiobastlers E.
Fröbe,
wurden Sendungen aus Moskau und dem Londoner BBC empfangen und
weitergegeben.
Helmuth Hübener, geb. 1925 in Hamburg, war Sohn einer Arbeiterin und Angehöriger der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), aber auch der Hitlerjugend. Geprägt hatten ihn Freundeskreise in Hammerbrook und Altona, mit denen er sich gegen den HJ-Drill und den Antisemitismus auflehnte. Gemeinsam mit christlichen und kommunistischen Jugendlichen hörte er regelmäßig ausländische Rundfunksender ab. Mit seinen Freunden aus der Kirche, dem Malergesellen Karl-Heinz Schnibbe und dem Schlosserlehrling Rudolf Wobbe, sowie dem Arbeitskollegen aus der Sozialbehörde im Biberhaus, Gerhard Düwer, verbreitete er das Gehörte auf Streuzetteln weiter. Seit 1941 verfasste die Gruppe längere Flugblätter, um die Wehrmachtsberichte und Nachrichtensendungen zu korrigieren und zu kommentieren. Hübener konzipierte innerhalb von sechs Monaten über 20 Flugblätter. Seit Januar 1942 spionierte ihm ein Vorgesetzter nach, der ihn dann denunzierte. Anfang Februar verhaftet, wurden er und seine drei engsten später zu langer Haft verurteilten Mitkämpfer am 11. August vor dem Volksgerichtshof angeklagt. Hübener wurde zum Tode verurteilt und am 27. Oktober 1942 in Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil ermordet, mit 17 Jahren das jüngste Todesopfer des Volksgerichtshofes. Der von ehemaligen Nazis durchsetzte Bundesgerichtshof sorgte Anfang der fünfziger Jahre für Strafbefreiung des Denunzianten Heinrich Mohns; die Mordrichter des VGH blieben aus „Krankheitsgründen“ ohne Strafe.
Hier werden unter anderem Hamburger Interbrigadisten in Spanien und
Zeugnisse zum Widerstand während des
Zweiten Weltkrieges in Hamburg
vorgestellt. Rechts an der Wand ist ein Modell einer Entlüftungsanlage im
KZ Buchenwald zu sehen, in der Häftlinge einen Kurzwellensender
installierten, mit dem sie am 8. April 1945 von
alliierten Truppen kurz
vor ihrer Selbstbefreiung Hilfe anforderten.
Auf dem Foto sind (von links) die drei Freunde Rudolf Wobbe, Helmuth H.
und Karl-Heinz Schnibbe zu sehen
sowie die öffentliche Bekanntgabe der
Hinrichtung Hübeners
Nach 1933 mussten viele Antinazis Deutschland verlassen und gingen ins
Exil, aus Hamburg besonders nach Dänemark. Vor Beginn des Zweiten
Weltkrieges sammelten sich viele von ihnen in Nachbarländern
Deutschlands, wie z.B. in Frankreich und der Tschechoslowakei, aber auch
in der Sowjetunion und anderen Ländern. Dort versuchten sie über die
Verbrechen des Faschismus aufzuklären, Solidarität mit den Verfolgten zu
organisieren und den Widerstand in Deutschland zu unterstützen. Sie
gründeten eigene Verlage, in denen sie deutschsprachige
antifaschistische Literatur und Zeitschriften herausgaben, wovon einige
Exemplare in der Vitrine zu sehen sind.
In Paris veröffentlichten Rudolf Breitscheid (SPD), Wilhelm Pieck (KPD),
Willi Brandt (SAP), Heinrich Mann, Anna Siemsen und andere im Dezember
1936 einen Aufruf zur Vorbereitung einer Deutschen Volksfront gegen den
Faschismus. Ebenfalls 1936 erschien in einem Moskauer Verlag die erste
Nummer der Literaturzeitschrift „Das Wort“, herausgegeben von Bertolt
Brecht (z.Z. Dänemark), Lion Feuchtwanger (z.Z. Frankreich) und Willi
Bredel (z.Z. Moskau). Diese Arbeit hatte auch das Ziel, der übrigen Welt
das andere Deutschland zu zeigen: Nicht alle Deutschen sind Faschisten.
So forderte z.B. Jürgen Kuczynski 1942 in London in seiner Schrift
„Allies inside Germany?“ („Verbündete in Deutschland?“) die Schaffung
einer zweiten Front durch die Westalliierten, um den Krieg schneller zu
beenden.
937 erschien in Paris erstmals die Zeitschrift „Freie deutsche Jugend -
Diskussionsblätter für eine freie deutsche
Jugendbewegung“. Herausgeber
war eine Arbeitsgemeinschaft von Funktionären der Sozialistischen
Arbeiterjugend,
des Kommunistischen Jugendverbandes und des
Sozialistischen Jugendverban-des, die - parallel zur deutschen
Volksfrontbewegung - ihre Hauptaufgabe in der Entwicklung einer
Jugendbewegung sah, die alle Gruppen der
antifaschistischen Jugend,
einschließlich der konfessionellen, umfasste.
n den Jahren 1939 und 1940 wurden eine Reihe kommunistischer Funktionäre aus dem KZ Sachsen-hausen entlassen, darunter die Hamburger Robert Abshagen, Bernhard Bästlein und Franz Jacob. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion begannen sie 1941 mit Oskar Reincke, Walter Bohne und Gustav Bruhn eine illegale Betriebszellen-Organisation aufzubauen, die bis zum Herbst 1942 in über 3o Werften und Fabriken Fuß fassen konnte und mit Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern zusammenwirkte. Bästlein, Jacob, Abshagen und Reincke, die sich als KPD-Bezirksleitung konstituiert hatten, standen durch ihren Berliner Sachsenhausen-Kameraden Wilhelm Guddorf in direkter Beziehung zur Berliner Gruppe der "Roten Kapelle". Ende 1941 verfassten Bästlein und Guddorf eine programmatische Schrift, in der sie als Hauptaufgaben formulierten: "Revolutionäre müssen da tätig sein, wo die Massen sind, d.h. 1. im Betrieb und 2. in der Armee." Die Bezirksleitung an der Wasserkante gab internes Kadermaterial heraus, richtete im Juni 1942 an die zur Organisation Todt Dienstverpflichteten ein "Merkblatt für Bauarbeiter" (s. Dok. oben links) und bereitete eine Feldpostbriefaktion für Wehrmachtangehörige vor. Nachdem die Gestapo die Verhaftungsaktion "Rote Kapelle" eingeleitet hatte, griff sie Mitte Oktober 1942 auch in Hamburg zu und nahm Bästlein und etwa 100 Mitstreiter fest. Franz Jacob konnte sich nach Berlin durchschlagen und setzte mit Anton Saefkow und anderen Kommunisten den organisierten Widerstand fort, dem sich nach seiner Flucht aus dem Zuchthaus Plötzensee auch Bernhard Bästlein anschloss. Die illegale KPD-Organisation in Berlin und Brandenburg bildete in über 50 Rüstungsbetrieben neue antifaschistische Kadergruppen und gab zahlreiche programmatische Schriften, Flugblätter sowie Soldatenbriefe heraus, die auf die Politik des Nationalkomitees "Freies Deutschland" orientierten. Einen Aufruf richtete sie anlässlich der Ermordung von Walter Bohne, Gustav Bruhn und Genossen "An alle Hamburger Kommunisten und revolutionären Arbeiter!" (s. Dok. oben rechts). Viele dieser Schriften brachte die als Kurierin tätige Genossin Charlotte Groß nach Hamburg. Im Juni 1944 trafen sich Saefkow und Jacob mit den sozialdemokratischen Politikern Julius Leber und Adolf Reichwein aus dem Kreisauer Kreis, um über gemeinsame Zielvorstellungen zu beraten. Einen Monat später ließ das Reichssicherheitshauptamt aus der Widerstandsorganisation der KPD mehr als 280 Mitstreiter verhaften. Von den in Hamburg seit 1942 Festgenommenen wurden über 60, von denen im Raum Berlin über 90 Männer und Frauen ermordet.
Ausgestellt sind hier in Moskau gedruckte Broschüren und Flugblätter für
deutsche Soldaten und Kriegsgefangene, die Fahne einer Pioniereinheit
der Roten Armee "4. Trupp Thälmann" sowie Fotos von sowjetischen Mädchen
und jungen Frauen, die in Hamburg Zwangsarbeit leisten mussten. Die Zahl
der insgesamt nach Hamburg verschleppten Zwangsarbeiter und
Zwangsarbeiterinnen wird nach hanse-atischen NS-Instanzen mit mehr als
400.000 angegeben. 1944 waren sogenannte Fremdarbeiterinnen und
Fremdarbeiter sowie Kriegsgefangene aus vielen Ländern Europas bei rund
4000 Betrieben eingesetzt und in ca. 800 Lagern untergebracht. (Nach
Auskünften von Friederike Littmann.)
Sechsundzwanzig junge Mädchen aus Dnjepropetrowsk und anderen Städten
der Ukraine wurden 1941 nach Hamburg verschleppt. Sie mußten im
Glimmerwerk Wilhelm Carsten am Winterhuder Marktplatz arbeiten und waren
unter unzumutbaren Bedingungen untergebracht. Genossinnen aus
Hamburg-Eppendorf versorgten die Zwangsarbeiterinnen illegal mit
zusätzlichen Lebensmitteln und vor allem mit politischen Nachrichten
über den Kriegsverlauf in der Sowjetunion. 1943, nach den schweren
Bombenangriffen auf Hamburg, wurden die Mädchen und jungen Frauen nach
Süddeutschland in andere Betrie-be gebracht. Zwei von ihnen, Olga und
Larissa, sandten aus Haagen im Breisgau einer Hamburger Genossin ihre am
1. Mai 1944 in Lörrach aufgenommenen Fotos zum Andenken.
„...Es gibt eine historische Wahrheit, das heißt eine notwendige Übereinstimmung der feststellbaren Tatsache mit ihrer Darstellung. Es gibt ein politisches Gewissen, welches fordert, dieser Wahrheit zu dienen. Die Wahrheit lässt sich auf die Dauer nicht verfälschen, es gibt nichts Unerbitterlicheres als die Tatsachen. Bedenke immer, dass unser Gewissen gut und rein ist; es ist nicht belastet gegenüber dem schaffenden deutschen Volke, zum Beispiel mit Kriegsverbrechen, imperialistischer Räuberpolitik, Tyrannei, Terror, Diktatur und Gewissenszwang, Unfreiheit und Willkür, Scheinsozialismus, faschistischen Rassentheorien, Rosenbergschen Philosophien, Arroganz, Hochmut, Prahlereien und sonstigen Dingen [...] Gewiss, wir sind auch keine reinen Unschuldsengel, die unbelastet und unbeschwert von allem dastehen. Auch wir haben in der Vergangenheit schwere und teilweise große politische Fehler gemacht, leider manches versäumt und unterlassen, was wir in dem verschlungenen Wirrwarr des Zeitgeschehens hätten tun müssen, um dem Faschismus den Weg zur Staatsmacht zu versperren. Wir haben unsere Fehler erkannt, durch Selbstkritik offen ausgesprochen, sie korrigiert und haben neue Wege auf dem Gebiet der Politik, der Propaganda und des Massenkampfes eingeschlagen. Da wir aber bis jetzt in Deutschland keine Vertreter in die Reichsregierung entsandt hatten und schon gar nicht als alleinige Staatspartei am Ruder waren, sind unsere Belastungen dem deutschen Volke gegenüber weniger schwer [...] Diese Tatsache und vieles andere, insbesondere aber unser unausgesetztes Opfer im Kampf gegen den Faschismus, sind und bleiben ein großes Plus für unsere Politik und haben uns Vertrauen gebracht. Der Größe eines politisch handelnden Menschen wird man nur dann ganz gerecht, wenn man ihn nicht allein danach beurteilt, was er erreicht, sondern auch danach, was er gewollt hat.“ |
"Wird man mich so ohne weiteres aus der Kerkerverbannung wieder in die große Welt zurückkehren lassen? Nein! Freiwillig ganz bestimmt nicht. Es besteht sogar die Wahrscheinlichkeit [...], dass bei einem für Deutschland gefahrvollen Vordringen der Sowjetarmeen und im Zusammenhang mit der damit verbundenen Verschlechterung der deutschen Gesamtkriegslage das nationalsozialistische Regime [...] nicht davor zurückschrecken (wird), Thälmann vorzeitig beiseite zu schaffen oder aber für immer zu erledigen." (Aus Kassiber Thälmanns an einen Mitgefangenen, Bautzen Januar 1944.)
Thälmann ist zu exekutieren
Notizzettel Himmlers für Besprechung mit Hitler am 14. August 1944 im "Führerhauptquartier Wolfsschanze" mit
Vermerken über den Verlauf. (Abschrift):
Führer
Wolfsschanze 14. VIII. 44
Brief Bürckel
Mord im Konzentrationslager Buchenwald
In der Nacht zum 18. August 1944 wurde Ernst Thälmann in das KZ
Buchenwald gebracht und dort nach seiner Ankunft im Krematorium
erschossen. Obwohl das Reichssicherheitshauptamt strengste Geheimhaltung
der Exekution befohlen hatte, begann unter den Häftlingen die Nachricht
über Thälmanns Ermordung im Lager durchzusickern. Als das der SS bekannt
wurde, trat die faschistische Führung die Flucht nach vorn an und ließ
am 14. September über Presse und Rundfunk verbreiten, dass die früheren
Reichstagsabgeordneten Thälmann und Breitscheid am 28. August 1944 in
Buchenwald durch einen Bombenangriff ums Leben gekommen seien. Rudolf
Breitscheid, der 1936 als SPD-Politiker den "Aufruf für die deutsche
Volksfront" mitunterzeichnet hatte, 1941 in Frankreich festgenommen und
nach Buchenwald deportiert worden war, starb bei einem Bombenangriff auf
neben dem KZ gelegene Rüstungswerke, aber vier Tage vor dem von den
Nazis gemeldeten Datum.
Thälmann...ist zu exekutieren
Notizzettel Himmlers für Besprechung mit
Hitler am 14. August 1944
im"Führerhauptquartier Wolfsschanze" mit
Vermerken über den Verlauf.
Die Fotos und Dokumente zeigen aus den Konzentrationslagern und
Zuchthäusern befreite Antifaschisten, ihre Kundgebungen,
Veranstaltungen, Veröffentlichungen in Hamburg. Hervorzuheben sind zwei
von je fünf Vertretern der SPD und KPD unterzeichnete Dokumente, das am
24. Juli 1945 herausgegebene Aktionsprogramm und der Aufruf an die
Sozialdemokraten und Kommunisten Hamburgs vom 20. August 1945. Im
letzteren heißt es, dass auf "der Grundlage gemeinsamen Handelns der
sozialdemokratischen und der kommunistischen Genossen [...] die eine
Sozialistische Partei entstehen" soll, denn: "Die blutige Lehre der
12jährigen Hitler-Diktatur im Innern, des Hitlerkrieges nach außen und
seiner großen sozialen Umwälzungen heißt für alle schaffenden Männer und
Frauen eindeutig: Einigkeit, Einheit und nie wieder Bruderkampf!" Beide
Papiere sind u. a. von Karl Meitmann und Walter Schmedemann (SPD) sowie
von Fiete Dettmann und Paul Tastesen (KPD) unterzeichnet.
Als Beauftragte des Komitees ehemaliger politischer Gefangener brachte
Barbara Dollwetzel im Früh-sommer 1946 die Urnen von 26 im Zuchthaus
Brandenburg hingerichteten Hamburger Widerstandskämpfern von Berlin in
die Hansestadt. Zusammen mit der in Hamburg sichergestellten Urne Etkar
Andrés trugen Überlebende sie am 4. September vom Sitz des Komitees in
der Maria-Louisen-Straße 132 (Winterhude) in einem langen Trauerzug zum
Rathaus, wo die Urnen drei Tage im Bürgersaal aufgebahrt wurden. Nach
einer vom Komitee mit der SPD, KPD, CDU und FDP auf dem Ohlsdorfer
Friedhof organisierten Massenkundgebung, bei der Walter Schmedemann für
die SPD und Harry Naujoks für die KPD die ermordeten Antifaschisten
gewürdigt hatten, fanden sie ihre letzte Ruhestätte neben dem Denkmal
für die gefallenen Revolutionäre der Jahre 1918-1920. Das neue
Gräberfeld an der Bergstraße wurde feierlich eingeweiht als Ehrenhain
Hamburger Widerstandskämpfer.
Trauerzug zum Rathaus am 4. Sept. 1946. In der Urnenträgergruppe vorn
links: Albin Lüdke.
Erste Reihe von links: 2. Heinz Nilsson, 3. Harry
Naujoks, 4. Erich (Vatti) Hoffmann, 5. Karl Meitmann
(SPD-Vorsitzender
HH), 6. Fiete Dettmann (KPD-Vorsitzender HH).
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